Samstag, 7. November 2015

Krank in Japan – ein Erfahrungsbericht

Kranksein ist nur dann super, wenn man deshalb eine Matheprüfung verpasst. Ansonsten ist es einfach nur mühsam. In deiner gewohnten Umgebung kennst du zumindest einige Medikamente, die helfen könnten, hast sie vielleicht noch im Medischränkli und wenn nicht, gehst du einfach zu deinem Hausarzt oder in die Apotheke und erklärst der Fachperson dein Anliegen frei Schnauze in deiner Muttersprache.

Jetzt bist du aber in Japan. Die Medikamente in der Apotheke kennst du nicht, das Personal versteht kein Wort von deinem (heiseren) Englisch, und ich behaupte jetzt einfach mal, dass du in Japan keinen Hausarzt hast. Oh dear.

Wenn du schlau bist, hast du Zuhause ein paar Medikamente eingepackt. Vielleicht etwas gegen Schmerzen, gegen Fieber und etwas gegen Magenverstimmungen, die du aufgrund der fremden Küche eventuell gebrauchen könntest. Aber hast du auch etwas gegen Verbrennungen und Augeninfektionen eingepackt? Oder… gegen Mittelohrentzündungen?

Also ich nicht. Ich wache also in meinem Hostel in Nagoya auf und höre auf dem rechten Ohr nix mehr. "Das geht schon vorbei", sage ich mir. Schliesslich dauert die Erkältung nun schon eine ganze Woche, das ist nur der letzte Schlag, bevor es dann wieder besser geht.

Mein einziges Foto von Nagoya... weil ich den Rest der Zeit hustend das Bett hütete.
Am selben Tag siedle ich zu meiner nächsten Destination über. Hören tu ich immer noch schlecht, aber sonst ist die Lage ganz okay. Dann leg ich mich ins Bett. BÄMM, Ohrenschmerzen, die von Satan höchstpersönlich in mein Mittelohr platziert wurden. Es ist wirklich nicht zu aushalten. Ich weiss, dass Ibuprofen hier nichts mehr ausrichten kann. Ich grabe in meinem Medikamententäschchen und finde noch ein einsames Ponstan. Das ist die Lösung. Ich breche es in zwei Hälften und nehme das eine Stück ein. Eine halbe Stunde später befinde ich mich im schmerzfreien Paradies und schlafe sofort ein. 

Am nächsten Morgen sind die Schmerzen auf dem rechten Ohr weg, aber jetzt hat sich Satan mein linkes Ohr vorgenommen. Mit Hören ist immer noch Sense bzw. hat sich meine temporäre Taubheit auch auf die linke Seite ausgebreitet. Ich nehme das letzte Stückchen Ponstan. Jetzt muss eine Alternative her.

Nicht gerade meine beste Form.
Es ist Sonntag. Ob die Apotheken wohl geöffnet sind? In einem nur teilweise christlichen Land sollte das eigentlich kein Problem sein. Ich melde mich an der Rezeption des Hostels und frage, wo die nächste Apotheke ist. Bingo, gleich um die Ecke! Die nette Mitarbeitende schreibt mir dann gleich noch die japanische Übersetzung für „Mittelohrentzündung“ - oder von dem, was sie aus meiner phantomimischen Darstellung gespickt mit ein paar Erklärungsversuchen auf Englisch, verstanden hat - auf einen Zettel.

Ich zottele los in Richtung Apotheke, wo dann wie erwartet niemand Englisch spricht. Der Zettel! Meine Rettung. Zu zweit zeigen sie mir das passende Medikament. Ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt nur für die Schmerzen oder nur für die Entzündung oder für beides ist. Da ich vor allem schmerzfrei reisen will, versuche ich hier nochmals, „Schmerzen“ phantomimisch darzustellen. Das muss nicht nur saublöd ausgesehen haben, sondern hat überhaupt nichts bewirkt. Denn nur weil ein Japaner „Yes, yes“ sagt, heisst es nicht, dass er dich verstanden hat.

Medikament gekauft, zurück im Hostel. Da das Ponstan noch anhält, warte ich bis am Nachmittag mit der nächsten Dosis. Und tada, es wirkt! Schmerzfrei seit Anfang Oktober, yippie!

Was es mit Japan und den Gesichtsmasken auf sich hat, erzähle ich dir in der nächsten Folge von „Sick in Japan“. ;-)

Freitag, 23. Oktober 2015

Tipps für deine Zugreise in Japan


Wie du in diesem Post nachlesen kannst, wird dir das Zugfahren in Japan wirklich leicht gemacht. Nichtsdestotrotz hab ich hier noch ein paar Tipps und Tricks, wie es noch einfacher geht:

1.       Hyperdia

Diese Website bzw. App ist deine Fahrplanhilfe, ähnlich dem Online-Fahrplan der SBB. Die App gibt’s für iOS und Android, wobei ich von einigen Mitreisenden gehört hab, sie hätten die App nicht installieren können. Bei mir hat‘s problemlos geklappt. Wenn‘s bei dir nicht funktioniert oder du weisst, an was es liegen könnte, immer rein damit in den Kommentaren!

Bei der Fahrplansuche kannst du unter „Details“ angeben, ob die private Linien (nicht JR) und die beiden Shinkansen, die nicht mit dem JR Pass benutzt werden dürfen, angezeigt werden sollen. So kannst du von vornherein sichergehen, dass du keine Nicht-JR-Linien benutzt.

Gold wert!

2.       Reservieren ohne Japanischkenntnisse

Wenn du im JR Ticket Office einen Platz in einem Shinkansen oder Limited Express reservieren möchtest, musst du der netten Person am Schalter natürlich angeben, mit welchem Zug und um welche Uhrzeit du reisen möchtest. Ohne Japanischkenntnisse nicht gerade ein leichtes Unterfangen. 

Meine Lösung ist simpel: Zeig der Person einfach den Fahrplan auf Hyperdia und zeig auf den Zug, den du nehmen willst. Das wird sofort verstanden und du erhältst subito deine Sitzreservation. Wenn du unterwegs keine Internetverbindung hast wie ich, such dir den Zug möglichst schon vorher raus, z.B. im Hostel oder in einem Restaurant mit WiFi, und mach einen Screenshot!

Screenshots sind übrigens auch sonst hilfreich, wenn du am Bahnhof ankommst und nicht auswendig weisst, wann und auf welchem Gleis der Zug fährt.



3.       Bahnhofsname nachschauen

Wenn es dir so geht wie mir, denkst du dir wahrscheinlich, dass der Name deines Reiseziels auch gleichzeitig der Name des Bahnhofs ist, richtig? Doch so wie Basel SBB und Basel Badischer Bahnhof nicht dasselbe ist, gibt es auch in Japan unterschiedliche Bahnhöfe in derselben Stadt. Ich rate dir deshalb driiingendst, dich vorher über den Namen des benötigten Bahnhofs zu informieren, damit du auch die richtige Verbindung raussuchst.

Lerne aus meinen Fehlern: Fukuoka ist eine relativ grosse Stadt ganz im Norden der südlichen Insel Kyushu. Die Stadt hat vor einigen Jahren mit der Stadt Hakata fusioniert und heisst jetzt offiziell Fukuoka. Dreimal dürft ihr raten, wie der Bahnhof benannt ist. Riiichtig: Hakata. Es gibt dennoch einen „Bahnhof Fukuoka“, der ist allerdings kleiner und in einem anderen Stadtteil. Wenn du nach Fukuoka willst, musst du also nach Hakata fahren. Und da wundere ich mich, wieso die Fahrt nach "Fukuoka" so lange dauert und wieso ich auch noch private Linien nehmen muss.

Ein weiteres Beispiel ist Osaka, dessen Bahnhof ziemlich gross ist. Doch Osaka hat noch einen zweiten grossen Bahnhof mit wichtigen Verbindungen: Shin-Osaka. Von hier fahren unter anderem die Shinkansen. Das ist hier nicht so tragisch, da von Osaka nach Shin-Osaka alle paar Minuten ein Zug der JR Linie fährt. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass du auch in Shin-Osaka aussteigen kannst bzw. dass es dort bessere Verbindungen gibt, wenn du nach Osaka willst.

4.       Ekiben(to)

Du hast vielleicht schon von Bento gehört: Schachteln aus Holz oder Plastik mit mehreren Unterteilungen, in denen sich diverse Leckereien befinden. Das kann Reis mit verschiedenen Beilagen sein, oder eine Auswahl an verschiedenen Häppchen, die zusammen eine ausreichende Mahlzeit ergeben.

Die Ekibentos werden an allen grösseren Bahnhöfen verkauft und kosten ca. zwischen 800 und 1600 Yen, je nach Grösse und Inhalt. Es gibt auch durchaus teurere Luxusbentos in noch schöneren Verpackungen. Für eine Zugmahlzeit (wofür die Ekibento erfunden wurden) sind die Ekibento aber perfekt und SO FEIN. In den Shinkansen kannst du die sogar von den netten Snackwägelifrauen kaufen, wenn du am Bahnhof keine Zeit hattest oder die Läden verpasst hast. Hier gleich noch ein Tipp: Am besten kaufst du dir dein Bento, bevor du die Billetschranke passierst. Sonst musst du allenfalls wieder zurück, weil die Bentoläden plötzlich verschwunden ist.

Wenn deine Unterkunft in der Nähe eines Bahnhofs ist, kannst du durchaus auch einfach rasch ein Bento als Zwischenmahlzeit oder als Mittag-/Abendessen für später holen. Hat ja niemand gesagt, man dürfe die nur im Zug essen. ;-)



5.       Reservieren ist nicht immer sinnvoll

Im Shinkansen und den Limited Express Zügen kannst du einen Sitzplatz reservieren. Das ist aber optional, denn es gibt in allen Zügen auch unreservierte Plätze; meist sind dies die hintersten drei Wägen. Die Reservation muss im JR Ticket Office gemacht werden. Ich hab am Bahnhof Tokyo auch Automaten gesehen, hab mich da aber nicht rangewagt.

Die Schlangen im Ticket Office können manchmal etwas lang sein, auch wenn die Japaner sehr effizient sind! Und du willst ja nicht immer eine Stunde vor der Abfahrt schon am Bahnhof sein. Deshalb stellt sich die Frage: Wann soll ich reservieren?

An Feiertagen würde ich auf jeden Fall reservieren. Und zwar so früh wie möglich, nicht erst eine Stunde vor Abfahrt, dann ist es meistens schon zu spät. Am Mittag, an Wochenenden und abends zwischen 5 und 7 ist das Personenaufkommen auch ziemlich hoch. Zu allen anderen Zeiten verteilen sich die Fahrgäste ziemlich gut auf die vielen Wägen.

Wenn du kurzfristig reservierst, kann es sein, dass du einen Gangplatz ohne Aussicht kriegst. Bei einer dreistündigen Zugfahrt ist ein freier Blick auf die fremde Landschaft draussen aber echt zu empfehlen. Die reservierten Wägen sind oft ziemlich voll, weil viele sicherheitshalber einen fixen Sitzplatz reservieren möchten. Das führt dazu, dass es in den nichtreservierten Wägen viel Platz hat. Die Chance, dass du also in einem solchen Wagen einen guten Fensterplatz ergatterst, sind unter Umständen also grösser als bei einer Reservation! Deshalb mein Tipp: Nur reservieren wenn mit einer hohen Personenfrequenz gerechnet werden muss.

Aber: Wenn du nicht reservierst, solltest du früh genug an der entsprechenden Stelle auf dem Perron anstehen, damit du nicht als Letztes einsteigen musst. Bei einer Reservation fällt das natürlich weg, dort stellen sich die Leute erst 10 Sekunden vor Zugeinfahrt an, weil sie ja eh einen fixen Platz haben.

6. Bahnhof-Voci

Die meisten Infos und Bahnhofsnamen sind auch auf Englisch bzw. Romaji angeschrieben. Das gilt für alle grossen Städte, die ich besucht habe. Sobald du aber etwas abseits gerätst, kann es sein, dass die Infos nur noch auf Japanisch, und vielleicht noch auf Koreanisch oder Chinesisch angeschrieben sind. Deshalb ist es sinnvoll, gewisse japanische Vokabeln wie „nicht-reservierte Wägen“ zu lernen, damit du weisst, wo du hingehen und anstehen musst.



7.       Unterhaltung mitnehmen


Wie bei jeder längeren Reise sollte man etwas Unterhaltung dabei haben. Mein Tipp: Vorab Podcasts herunterladen und auf dem Handy speichern, und natürlich genügend Musik!

Die beste Beschäftigung, wenn du alleine bist und Zeit totschlagen musst? Japanisch lernen! Mit der "Obenkyo"-App hab ich angefangen, das Hiragana-Alphabet zu lernen. Die diversen Hinweise im Zug (insbesondere auf dem Tablett an der Rückenlehne der Sitze) sind teils in Hiragana geschrieben und bieten so eine gute Gelegenheit, das Gelernte zu testen. :-)

Ich hoffe, meine Inputs haben dir in irgendeiner Weise weitergeholfen. Und wie immer gilt, bei Fragen: fragen!

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Zugfahren in Japan

Japan ist der Streber unter den Weltländern. Intelligent, diszipliniert, belächelt und manchmal ausgelacht, aber doch irgendwie beneidet. Und am Ende erfolgreicher als alle andern.

Wenn’s nämlich etwas gibt, was die Japaner besser können als jede andere Nation, ist es Zugfahren. Wären Zugwissenschaften eine olympische Disziplin, ginge die Goldmedaille an Japan. Die Silbermedaille auch. Inklusive Weltrekord in allen Unterdisziplinen.

Ein Interview mit einem professionellen Zugfahrer nach einer Niederlage gegen Japan würde in etwa so tönen:

Journi: „An was hat es gelegen?“
Pendler: „Ja die andern waren einfach schneller als wir. Wir hätten schon in den ersten 10 Sekunden mehr Platz machen sollen, aber unsere Gegner waren da bereits abgefahren.“

Eine typische Aussicht im Zug - Reisfelder und Hügel im Hintergrund


Alle Probleme, die beim Zugfahren in der Schweiz auftauchen, sind in Japan durch geniale Ideen gelöst.

In den Zug drängeln und dabei einen Ellbogen ins Gesicht kriegen? Nope! Angestanden wird hier organisiert und diszipliniert bei den entsprechenden Markierungen am Boden. Schön hintereinander. Wer zuvorderst steht, steigt als Erstes ein. Aussteigende Personen können einfach so durch die Türe aufs Perron treten! So richtig mit Platz und so. Schockierend, ich weiss!

Voraussetzung dafür ist, dass die Züge immer an der genau selben Stelle halten, damit der Wagen Nr. 6 der zweiten Klasse mit den Priority Seats auch tatsächlich bei der entsprechenden Markierung des Wagens Nr. 6 der zweiten Klasse mit den Priority Seats hält. Selbstverständlich klappt das in 10 von 10 Fällen. Das ist japanische Präzision!


Die mechanische Variante: Mit dem roten Hebel kann die Lehne "rübergeschoben" werden.

Der Zug hält an der Endstation und fährt danach in die entgegengesetzte Richtung weiter. Nur blöd, dass nun die Sitze in die falsche Richtung schauen. (Es ist ja ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Fürschisitz am Fenster allen anderen Plätzen um Welten überlegen ist und deshalb auch jede Person ein eigenes Abteil für sich beanspruchen darf.)  Auch das ist kein Problem in Japan. Die Sitze werden einfach schwupps auf Knopfdruck umgedreht. Entweder werden die Lehnen verschoben oder gleich der ganze Sitz. So kann man auch aus Zweierreihen Vierer-Abteile machen oder umgekehrt.

In einem Land mit tendenziell kleinen Menschen sollte es dann für grossgewachsene Europäer eng werden, richtig? Falsch! Die Sitze bieten eine verhältnismässig grosse Beinfreiheit, zumindest in den Schnell- und Semi-Schnellzügen. Okay okay, ich mit meinen 158 Zentimetern bin nicht grade „ein grossgewachsener Europäer“, aber trotzdem. You get my point.

Zugegeben, Billette für die Schnellzüge sind in Japan ziemlich teuer. Irgendwie müssen der hohe Komfort und das Höllentempo ja finanziert werden. Ach ja, und sauber ist es natürlich auch, wie überall in Japan. Auch das hat mit der Mentalität der Japaner zu tun, denn Abfalleimer sind eine Rarität. Der Abfall wird schlicht und einfach mitgenommen und dort entsorgt, wo der nächste Mülleimer zu finden ist. Laute Musik und störende Telefongespräche? Stinkendes Fast Food in der Mittags-Rushhour? Von Rucksäcken besetzte Sitze? Gibt. Es. Nicht.

Japanische Höflichkeit (und mangelhafte Englischkenntnisse)
Eigentlich ist das Rezept für erfolgreiches Zugfahren ganz einfach: Investitionen in Technologie, Rücksicht auf die Mitreisenden und Einhalten der Regeln. Davon profitieren nämlich alle, zum Beispiel weil die Züge durch den raschen unkomplizierten Passagierwechsel automatisch pünktlicher sind. Locker bleiben ist in japanischen Zügen deshalb ein Kinderspiel. Es gibt nämlich nichts, das die innere Ruhe stören könnte.

Wenn du nun auch uuuunbedingt mal in Japan Zugfahren möchtest (und das solltest du), habe ich dir hier ein paar Tipps zusammengestellt.

Viel Spass beim Bähnlifahren!